VKGD feiert 100-jähriges Bestehen in Münster

Sein 100-jähriges Jubiläum feierte der Katholische Gehörlosenverband Deutschlands (VKGD) am Samstag, 4. Oktober im MCC der Halle Münsterland in Münster (Westfalen). 250 Mitglieder aus dem ganzen Land waren dafür in die Stadt gekommen. Der VKGD ist der Spitzenverband für die Gehörlosenseelsorge und die Vereine.

Diakon Josef Rothkopf ist nun Ehren-Generalpräses. – Links der VKGD-Vorsitzende Karsten Kißler

Der Tag begann mit einer Heiligen Messe, die Diözesanadministrator Antonius Hamers zelebrierte. Er wurde unterstützt von Diözesanpräses Pfarrer Wolfgang Schmitz und Diakon Holger Meyer. Ein kleiner Gebärdenchor sorgte für die Lieder in Gebärden­sprache. Der Gottesdienst und überhaupt der ganze Tag wurden durchgehend zweisprachig gestaltet, so dass jeder alles verstehen konnte. Lautsprache übersetzten die vier Dolmetscherinnen in Deutsche Gebärdensprache, Gebärden in Lautsprache. Zudem wurde alles von Schriftdolmetscherinnen in Text verwandelt, der ebenfalls simultan projiziert wurde. Eine riesige Leinwand und Kameras sorgten dafür, dass auch die Menschen in der letzten Reihe alles gut verfolgen konnten. Viele Gehörlose gebärdeten Gebete und andere Texte. Antonius Hamers äußerte sich nach dem Gottesdienst beindruckt von dieser anderen, aber sehr festlichen Art, Heilige Messe zu feiern.

Antonius Hamers, epheta-Redaktionsleiter Diakon Holger Meyer, Diözesanpräses Wofgang Schmitz (von links)

Der VKGD-Vorsitzende Karsten Kißler aus Greven leitete dann zum nächsten Programmpunkt über, einer Ehrung. Nach 22 Jahren als Generalpräses verabschiedeten die Gehörlosen Diakon Josef Rothkopf aus der Nähe von Aachen aus seinem Amt. Er ist selbst hörgeschädigt. Kürzlich war er aus persönlichen Gründen zurückgetreten. In einer liebevoll zusammengestellten Fotoschau ließ der Vorstand sein Leben von der Kindheit über die zahlreichen Stationen seines Berufes und seiner Berufung an den Zuschauenden vorbeiziehen. Und da war viel zu sehen. Beruflich hat er sich durch Aus- und Fortbildungen immer weiterentwickelt. Die Ausbildung zum Diakon war mühsam, aber 1999 wurde er geweiht.

Als erster hörgeschädigter Generalpräses besuchte er viele Vereine und reiste dafür unermüdlich durch ganz Deutschland, meist mit dem Zug. Unterstützt wurde er von seiner Frau Brigitte, die selbst in ihrem Bistum und im Verein aktiv ist. Josef Rothkopf intensivierte auch die Kontakte zwischen den Seelsorgenden in ganz Europa und gründete die Vereinigung der Deaf Catholics Europe (DCE) mit. Häufig reiste er dafür ins Ausland und regelmäßig in den Vatikan. Und er war jahrelang Diözesanseelsorger in seinem Bistum Aachen. Genug zu tun für eine Vollzeitstelle, aber er machte das alles ehrenamtlich. Zu seinen Aufgaben gehörten auch Besinnungstage und die Mitgestaltung von Schulungstagen.

Gewohnt lebendig reagierte Josef Rothkopf auf die Ehrungen

Da hatte er die Ehrung wirklich verdient, und der Verband ernannte ihn zum ersten Ehren-Generalpräses in seiner hundertjährigen Geschichte. Später wurde ihm auch noch die höchste VKGD-Auszeichnung, die Ehrenplakette verliehen.

Bürgermeisterin Stähler, Weihbischof Hauke und Jill Heuer vom Sekreteriat der Deutschen Bischofskonferenz (von links)

Nach dem Mittagessen kamen die Ehrengäste mit Grußworten zum Zuge. Bürgermeisterin Angela Stähler überbrachte die Grüße der Stadt Münster. Weihbischof Reinhard Hauke aus Erfurt gab die guten Wünsche der Deutschen Bischofskonferenz und des Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing weiter. Er erzählte, wie seine Verbindung zu den Gehörlosen begann. Im Priesterseminar gab es eine gehörlose Mitarbeiterin im Priesterseminar. Um mit ihr kommunizieren zu können, lernte er Gebärdensprache. Das führte dazu, dass er bald Gehörlosenseelsorger wurde und bis zu seiner Bischofsweihe blieb. Er gebärdet auch heute noch in Gottesdiensten selbst. Der Gehörlosenseelsorge sprach er seine Anerkennung aus, und er dankte für die vielen Ehrenamtlichen, die über die 100 Jahre den Verband überhaupt erst möglich gemacht hätten.

Pfarrer Andreas Konrath vom evangelischen Gehörlosen-Spitzenverband DAFEG lobte die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Verbänden. Bernd Schneider von der Deutschen Gesellschaft (DG), Ralf Raule vom Deutschen Gehörlosenbund (DGB) und Antje Baukhage vom Deutschen Schwerhörigenbund stellten den gemeinsamen Einsatz für Frieden, Freiheit, Barrierefreiheit und Gebärdensprache in den Mittelpunkt ihrer Ansprachen.

Der VKGD-Vorsitzende Karsten Kißler betonte in seiner Festrede die Wichtigkeit der Begegnungen untereinander und mit Gott. 100 Jahre seien die Gehörlosen im Verband durch Glaube und Gemeinschaft miteinander verbunden gewesen. Begegnungen gab es unter anderen bei Wallfahrten, Schulungstagungen und anlässlich von Jubiläen der einzelnen Gehörlosenvereine. „Wir sind mehr als ein Verband“, sagte er. „Wir sind eine Familie. Wir verstehen uns mit Händen und Herz.“ Kißler dankte den Mitgliedern für ihr Vertrauen und ihr Engagement. Ein Film zeigte dann Eindrücke von 100 Jahren VKGD.

Der Magier Fralau verzauberte

Zwischen den einzelnen Programmpunkten lockerte der gehörlose Magier Fralau die Stimmung durch magische Erlebnisse auf.

Dann wurden noch einige Menschen mit der Ehrenplakette geehrt, die sich lange für den Verband und für Gehörlose eingesetzt haben. Zunächst erhielt Hannelore Rogge die Plakette. Die Ehefrau des langjährigen Vorsitzenden Alfons Rogge hatte die Vorstandsarbeit unterstützt, indem sie Texte schrieb und oft bei Veranstaltungen dabei war, zu denen sie immer mit dem Zug fuhr.

Holger Meyer aus Cloppenburg leitet die Redaktion der Katholischen Gehörlosen­zeitschrift „epheta“ mit viel Herzblut und großem zeitlichen Einsatz seit über 13 Jahren und hat sie immer weiterentwickelt. Zudem ist er für die VKGD-Webseiten, das Portal taub-und-katholisch.de und weitere Webangebote mitverantwortlich und ist selbst Gehörlosenseelsorger. Dafür bekam er die Ehrenplakette. Der Verleger Karlheinz Löffel aus Lahr im Schwarzwald gab die Zeitschrift „epheta“ fast ein halbes Jahrhundert heraus. Jeden Monat kümmerte er sich persönlich um das Layout, sorgte für Druck und Versand und die Pflege der Abonnentenlisten, obwohl damit kaum Gewinn zu machen war. Ein so langer Einsatz war wirklich eine Ehrung wert.

Eine kurze Anreise hatte Ludger Kreienborg. Der Sozialarbeiter hatte sich in seinem Beruf sehr für die Gehörlosen eingesetzt. Zudem schreibt er in der „epheta“ seit vielen Jahren die Kolumne Sozialpolitik aktuell“. Auch jetzt noch, obwohl er seit vier Jahren im Ruhestand ist. So hatte er die Ehrung sehr verdient. Prof. Dr. Ulrich Hase und Helmut Vogel setzen sich an der Spitze von Gehörlosenverbänden seit Langem für die Hörgeschädigten ein und erhielten dafür ebenfalls die Ehrenplakette verliehen.

250 Menschen aus ganz Deutschland waren dabei

Neben all den Programmpunkten war für viele vor allem die Begegnung mit Menschen wichtig, die man wegen der Entfernungen sonst nur selten sieht. So gab es viele Umarmungen und frohe Gesichter. Während des langen Tages waren die sieben ehrenamtlichen Mitglieder des Bundesvorstandes immer wieder auf der Bühne aktiv und gestalteten das Programm mit. Sie hatten zudem im Vorfeld eine Festschrift zusammengestellt. Zusammen bedankten sie sich am Schluss und entließen die Mitglieder und Gäste zur zum Teil langen Heimreise.

Holger Meyer

Noch mehr Fotos demnächst in epheta

10 Jahre Taub und Katholisch

Bild vom 02.10.15 prüfen ob die Homepage klappt, Kilian Knörzer, Ralf Schmitz und Holger Meyer

Wir feiern, danken und blicken hoffnungsvoll nach vorn

Seit nunmehr 10 Jahren begleitet die Homepage „taub & katholisch“ Menschen auf ihrem Glaubensweg – in Gebärdensprache, barrierefrei, und mit Herz.

Was 2015 als mutiger Schritt in eine inklusivere Kirche begann, ist heute eine lebendige Plattform für Information, Inspiration und Gemeinschaft geworden. Wir danken allen, die in diesen Jahren mitgewirkt, beigetragen, unterstützt, geschrieben, gefilmt und gebetet haben.

Wir feiern diese gemeinsame Wegstrecke – die Vielfalt an Beiträgen, die vielen Begegnungen, die wachsende Vernetzung.

Und wir hoffen, dass auch in Zukunft viele neue, schöne und spannende Beiträge ihren Platz auf der Seite finden – von und für taube katholische Menschen und alle Interessierten.

Danke für 10 Jahre Vertrauen und Interesse!
Auf viele weitere Jahre – miteinander und füreinander.

Geschafft! Basisqualifizierung „Dienende Seelsorge“ abgeschlossen!

Geschafft! Basisqualifizierung „Dienende Seelsorge“ abgeschlossen!

Vor zwei Jahren begann die Qualifizierung „Dienende Seelsorge“ für taube Menschen, die sich für die Mitarbeit in der Seelsorge interessieren. Am 20. 7. 2025 wurden die Zertifikate in einem feierlichen Gottesdienst, den die Teilnehmenden selbst gestalteten, im Bergkloster Bestwig übergeben werden.

Kurzfilm vom Gottesdienst

Wie alles begann?

Bislang gab es nur hörende Seelsorger und Seelsorgerin. Wäre es nicht sinnvoll, wenn taube Menschen, also Muttersprachler:innen mit ihren Lebenserfahrungen Seelsorgende werden?
Allerdings erweist sich ein theologisches Studium eine riesige Hürde, auch von den Zulassungsbedingungen.

Pfarrer Ralf Schmitz hatte die Katholischen Gehörlosengemeinde in Trier, die einzig anerkannte kath. Personalgemeinde für taube Menschen begründet. Es gelang ihm, dass ein tauben Mitarbeiter (Daniel Beinhoff) für die Seelsorge als Seiteneinsteiger eingestellt wurde. Gleichzeitig versuchte auch Sr. Judith Beule als Koordinatorin für die Seelsorge, zunächst in Berlin und dann in Paderborn, zu wirken. Darum wurde es immer dringender einen theologischen Basiskurs anzubieten. Über Kontakte in die USA erfuhr Ralf, dass dort ein neuer Kurs für Gehörlose in der Seelsorge gestartet wurde. Durch diesen Motivationsschub, überlegte er, wie das umgesetzt werden kann. Mit Angelika Sterr, Gehörlosenseelsorgerin aus dem Erzbistum München und Sr. Judith Beule, Koordinatorin für die Gehörlose und Taub-Blinde im Erzbistum Paderborn fand er schnell Mitstreiterinnen. Ebenso fanden sich mit Dr. Florian Kunz (mittlerweile Professor an der Katho Paderborn) und Marc-Bernhard Gleixner qualifizierte Berater. Das amerikanische Konzept konnte so auf deutsche Verhältnisse umgeschrieben werden und als „Basisqualifizierung Dienende Seelsorge“ angeboten werden. 7 taube Menschen entschieden sich für dieses Angebot.

Vor 2 Jahren startete die Basisqualifizierung „Dienende Seelsorge“ in Kooperation mit dem TPI (Theologisch-Pastorales Institut für berufsbegleitende Bildung der Bistümer Trier, Mainz, Fulda, Limburg). Das Angebot umfasste monatliche Online-Sitzungen am Wochenende, 3 Präsenzwochenenden und ab April 2025 eine Praxisphase mit einem Experiment und dessen Dokumentation für den Abschluss. Die Einheiten wurden begleitet mit Gebärdensprachdolmetschenden.

Besonders beeindruckend waren die ersten drei Einheiten mit den tauben amerikanischen Lernpartnerinnen. Mit dem Thema „Als tauber Mensch vor Gott“ ging es um eine tiefgreifende Reflexion zur eigenen Glaubens- und Lebensgeschichte.

Präsentation der Praxisexperimente am Abschlusswochenende:

Ziele der Basisqualifizierung:

Gott im eigenen Leben, in der eigenen Sprache, Kultur und Geschichte entdecken–

Verständnis für eine dienende (diakonische) Seelsorge entwickeln–

Seelsorge anbieten als Einzelne/Einzelner und im Team im Rahmen der katholischen Kirche–

Sich selbst als Seelsorger*in kennen und kritisch reflektieren–

den Glauben an Gott in der Gehörlosenkultur und für taube Menschen anbieten– befreiende Seelsorge ermöglichen

Ausschreibung „Dienende Seelsorge“

Erfolgreicher Abschluss

Angelika Sterr und Florian Kunz übergaben am Ende des Wochenendes die Zertifikate an 6 Absolvent:innen. Sie gratulierten den Teilnehmenden für ihre Engagement, ihre Ausdauer und Bereitschaft sich auf tiefe Erfahrungen einzulassen. Nun bleibt die Hoffnung, dass es künftig mehr möglich ist, dass die einzelnen Bistümer bereit sind Seiteneinsteiger, erfahrene Menschen in Beruf und Begeisterte für den Glauben anzustellen. Dass vor allem die Erkenntnis, dass taube Menschen die Fachleute für Gebärdensprache und taube Kultur. sind nicht nur Empfängerinnen von Seelsorge, sondern Anbieterinnen in der Nachfolge von Jesus.

Die Basisqualifizierung ist eine gute Grundlage. Es braucht sicher noch weitere Vertiefung, aber ein erster Schritt ist getan.

Leider konnte Ralf Schmitz diesen Moment nicht mehr erleben. Zu Beginn der Qualifikation erkrankte er schwer und starb im vergangenen August. Im Gottesdienst haben wir an ihn gedacht und für ihn gebetet. Wir spürten, dass er trotzdem mit uns ist.

Auftaktwochenende am 4.9.2023 in Valendar mit Ralf Schmitz

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